Interview bei Lohro, Rostock

2013

Lohro: Du bist zur Musik gekommen, als du dich in Deutschland zurecht finden musstest. ist das der vorrangige Grund, oder beschäftigst du dich allgemein gern mit Musik, um dich damit auszudrücken?

 

Michael Wins: Sowohl als auch. Als wir nach Deutschland kamen, gab es eine Zeit in der ich russisch bereits langsam verlernt hatte und deutsch noch nicht ganz konnte. Ich brauchte also eine Ausdrucksform, um die ganzen brodelnden Geschichten in mir rauszulassen. Deswegen war die Musik damals der erste Anlaufpunkt für mich, um mich auf andere Weise mitzuteilen. 

 

Lohro: Verarbeitest du genau das in deinen Texten? Diese gewisse Art der Identitätssuche. Was ich so interessant fand ist, dass du eine gewisse Authentizität durch deine Selbstreflexion hast.

 

Michael Wins: Ja, es macht mir riesig Spaß, zwischen diesen beiden Welten zu schweben, auf alles einen etwas distanzierteren Blick zu haben und zu entscheiden, was ich davon annehmen will und was nicht. Auch gerade für meine Musik als Inspiration. Was will ich aus Russland für mich mitnehmen und was aus Deutschland? So hat sich für mich eine Art Symbiose zwischen dieser typischen russischen Seele und dem ehrlichen deutschen Singer-Songwritingtum herauskristallisiert. 

 

Lohro: Du hast deine EP "Der erste Schritt" selbst produziert. Welche Schwierigkeiten oder Herausforderungen haben sich dort aufgetan?

 

Michael Wins: Die Schwierigkeiten lagen eher vor der Produktion. Da habe ich mit Leuten zusammengearbeitet, die nicht zuverlässig waren. Wenn man halt so für eine Sache blutet und bereit ist vieles dafür auf sich zu nehmen, und die Leute nicht mitspielen, dann ist es schwierig. Daher habe ich dann irgendwann gesagt: Das machst du jetzt lieber selbst. Hab dann in Hamburg über Jahre u.a. beim Call-Center, Mc Donalds, Autovermietung, Druckerei u.s.w. gearbeitet. Nebenbei immer Musik gemacht und nebenher immer wieder Geld gespart für mein eigenes Studio. Und das habe ich mir mit der Zeit halt auch aufgebaut. Während des Studiums hatte ich Gottseidank im Gegensatz zur Jobzeit in Hamburg etwas mehr Zeit an meinen Songs weiter zu arbeiten. Somit habe ich von den ersten Wortideen, über Songwriting, Arrangement, Aufzeichnung bis zur Nachproduktion und Abmischung alles selbst in Eigenregie ins Leben gehaucht. Bei einem Song habe ich den Gitarristen der Band mit dazu geholt und ein paar Stellen mit echter Gitarre verziert, da mir da die Fähigkeiten fehlen. Ansonsten muss ich echt sagen, dass ich nach dieser ersten Erfahrung dieser Art stolz auf das Ergebnis bin. So habe ich nicht nur das Gefühl, dass ich Musik von mir weiter geben, sondern auch wirklich ein Stück von mir. Letztendlich sind alle Ideen in meine Fähigkeiten gebettet. Und so wollte ich auch möglichst ehrlich und direkt ein Teil von mir anbieten, herumreichen, um das mitzuteilen, was ich als Geschichten über die Jahre als Geschichten und Gefühle in mir getragen hatte. 

 

Lohro: Du hast auf jeden Fall schon Bühnenerfahrung gesammelt. Du warst schon mit der Jazzkantine, Cappuccino, Sebastian Hämer auf der Bühne. Wie war dein Eindruck mit ihnen zu spielen und hat dich das deinem Ziel näher gebracht? 

 

Michael Wins: Auf jeden Fall. Es war ne Riesenfreude und eine große Ehre. Es war sehr lehrreich, weil ich auch ein sehr ehrliches und motivierendes Feedback bekommen habe. Und von diesem Feedback gestärkt habe ich dann die nächsten Schritte für mich geplant und noch weitere Songs geschrieben. Es hat mich definitiv in meiner Überzeugung und in meiner Kunst gefestigt und gestärkt.